Kräuterapotheke: Eberraute mit Cola-Duft und Heilwirkung

Obwohl die Eberraute ursprünglich aus Westasien stammt, brachten Mönche die Pflanze bereits vor mehr als tausend Jahren nach Nordeuropa. Den antiken Mittelmeerkulturen war die Pflanze schon lange vorher bekannt. Das Kraut mit dem intensiven Duft wurde in Klostergärten kultiviert und war fester Bestandteil der Kräuterapotheke. Seit einigen Jahren wird die Eberraute wieder bekannte und unter dem Namen “Cola-Kraut” verkauft. Im Kleingarten verströmt sie nicht nur einen tollen Geruch, sondern hilft auch bei allerlei Leiden (Foto: Hans Linde/Pixabay).
Eberraute in modern: Cola-Kraut
Die Eberraute (Artemisia abrotanum) war lange Zeit ein fester Bestandteil der Bauern- und Klostergärten. Heute ist die Pflanze, die optisch an Dill erinnert und zur gleichen Pflanzenfamilie wie Wermut und Beifuß gehört, in Vergessenheit geraten. Allerdings findet man sie seit einigen Jahren wieder im Handel. Denn die Varietät Artemisia Abrotatum var. Maritima wird als sogenanntes Cola-Kraut in immer mehr Läden verkauft. Der Name kommt nicht von ungefähr, riecht das Cola-Kraut doch wirklich intensiv nach Cola. Allerdings ist es eher eine Genusspflanze zur Aromatisierung von Getränken, Süßspeisen und Limonaden. Für die Kräuterapotheke sollte darauf geachtet werden, dass die klassische Eberraute, auch Gemeine Eberraute (Artemisia abrotanum) gepflanzt wird. Das Cola-Kraut oder andere Varietäten wie die Zitronen-Eberraute enthalten zwar auch die wichtigen Stoffe, jedoch oft nur in geringer Konzentration.
Die Eberraute riecht aromatisch nach Zitrone und Kampfer (Foto: Hans Linde/Pixabay)
Die Pflanze gehört zu den Halbsträuchern und ist winterhart. Sie kommt sogar mit Temperaturen von bis zu -30 °C zurecht. Zum Teil frieren zwar die oberen Teile ab, die Eberraute treibt jedoch im Frühjahr problemlos wieder neu aus. Die Stängel neigen zur Verholzung und entfalten sich nach oben hin in Form von Rispen mit kleinen feingefiederten silbrig-grünen Blättern, die einen zitronigen bis kampferartigen Geruch verströmen. Von Juli bis Oktober blüht die Eberraute und zeigt kleine, nur wenige Millimeter große, traubenartige gelb-weiße Körbchenblüten.
Eberraute mit vielen heilenden Eigenschaften
Die Pflanze mag es sonnig, warm und geschützt und bevorzugt magere, kalkhaltige und durchlässige bis sandige Böden ohne zu große Nährstoffdichte. Staunässe sollte vermieden werden, im Zweifel hat es das Kraut lieber zu trocken als zu feucht. In Bauerngärten zierte die Pflanze oft die Beetränder der Kräuterbeete, sollte aber nicht zu nah an andere Kulturen gepflanzt werden. Da die Eberraute bis zu 60 Zentimeter breit werden kann, braucht sie genügend Platz, um sich entfalten zu können. Hat sich das Kraut einmal etabliert, ist keine größere Pflege nötig. Als Schwachzehrer, der keine großen Wassergaben fordert, sind weder Dünger noch regelmäßiges Gießen notwendig. Lediglich ein leichter Rückschnitt der verholzten Stängel im Frühjahr ist ratsam, um den Austrieb zu fördern und der Verkahlung der Stängel durch die zunehmende Verholzung entgegenzuwirken.
Die Triebspitzen der Eberraute enthalten viele wichtige Inhaltsstoffe. Darunter vor allem Bitterstoffe wie Abrotanin, und Absinthin, aber auch ätherische Öle wie Cineol und Kampfer. Zudem Flavonoide, Cumarine, Gerbstoffe, Sabinen, Sesquiterpene und Alkaloide. Der charakteristische Duft wird vor allem durch die Stoffe Cineol, Kampfer und Thujon gebildet. Das sind auch die Inhaltsstoffe, die vorrangig für die medizinische Wirkung verantwortlich sind. Denn Cineol wirkt schleimlösend und antioxidativ, Kampfer entspannt und lindert leichte Schmerzen und Thujol lindert Krämpfe. Hinzukommen die Bitterstoffe und ätherischen Öle, die die Verdauung fördern und den Appetit anregen. Dadurch kann die Eberraute nicht nur Magen- und Verdauungsprobleme, Blähungen und Menstruationsbeschwerden lindern, sondern durch die schleimlösenden und antibakteriellen Eigenschaften auch bei Erkältungen helfen. Hinzukommt eine beruhigende Wirkung, die wiederum bei Schlafstörungen und innerer Unruhe Abhilfe schaffen kann.
Eberraute in der Kräuterapotheke
Die Vielfältigkeit des Krauts machte es bereits in der Antike zu einer geschätzten Heilpflanze. Allerdings gilt wie immer: Die Eberraute in der heimischen Kräuterapotheke ersetzt keine ärztliche Behandlung. Halten die Beschwerden an oder werden schlimmer, sollte immer ein Arzt aufgesucht werden. Schwangere müssen die Pflanze ganz meiden, da sie vorzeitige Wehen auslösen kann. Auch Stillende und Vorerkrankte sollten die Einnahme vorab mit einem Arzt abklären, um etwaige Wechselwirkungen zu vermeiden.
Ebenso darf die Eberraute nicht überdosiert werden, da es durch das enthaltene Thujon zu Nebenwirkungen kommen kann. Ähnlich wie bei Wermut löst das Thujon bei übermäßiger Einnahme Halluzinationen, Übelkeit, Erbrechen, Krampfanfälle und ähnliches aus. Die maximale Tagesdosis von drei Tassen Tee oder 15 Tropfen Tinktur sollte daher nicht überschritten werden. Geerntet werden die jungen Triebspitzen am besten zwischen Juli und September an einem trockenen Morgen. Aber Achtung, es besteht eine Verwechslungsgefahr mit anderen Artemisia-Arten. Die Eberraute lässt sich jedoch recht einfach an ihrem charakteristischen Duft erkennen.
Woher der Name Eberraute kommt, ist nicht ganz klar. Fakt ist lediglich, dass die Pflanze weder etwas mit einem Eber noch einer Raute zu tun hat. Am wahrscheinlichsten ist, dass sich der Name über die Jahrhunderte vom lateinisch-thrakischen Wort abrotanum abgeleitet hat. Eine weitere Theorie ist der Bezug zum mittelhochdeutschen ebereiz, was sich mit “Falsche Raute” übersetzen lässt. Denn der Wortteil “Eber”, alternativ auch “Aber” bedeutete früher so viel wie “nicht echt”. Das ist auch bei der Eberesche der Fall, die durch ihre Ähnlichkeit zur Echten Esche als “Falsche Esche” bezeichnet wird.
Eberraute und der Aberglauben
Im englischen Sprachraum wird die Eberraute auch Maidens Ruin (Jungfernverderb oder Jungfernleid) genannt. Denn im Aberglauben sollte ein Zweig der Eberraute die Liebe eines Mädchens sichern, wenn es gelang, ihr diesen unbemerkt in den Schürzenbund zu stecken. Allerdings habe diese Wirkung als Aphrodisiakum nur kurz angehalten und sich anschließend gern ins Gegenteil verkehrt. Aus heutiger Sicht nicht verwunderlich, so manche junge Frau wird von diesem Trick wenig begeistert gewesen sein. Gänzlich anders wurden die Eberraute bei langen Predigten genutzt. Wer hier einen Zweig der Pflanze dabei hatte, sollte durch den Duft wach bleiben und nicht auf der Kirchenbank einschlafen. Manchmal dienten die Zweige auch als Lesezeichen in den Gebetsbüchern, um ebenso das Einschlafen zu verhindern.
Trug man den Zweig bei sich oder hängte ihn im Haus auf, sollte das zudem vor bösen Geistern und Unheil schützen. Im französischen Sprachraum heißt die Eberraute auch Garde-robe, was auf ihre Schutzwirkung gegen Kleidermotten hinweist. Im 16. Jahrhundert wiederum sollen englische Jünglinge die duftenden Zweige dazu genutzt haben, um ihren eigenen Körpergeruch zu überdecken. In Zeiten, in denen man noch an Hexerei und Magie glaubte, sollte die Eberraute die Manneskraft wiederherstellen. Zumindest dann, wenn diese durch einen Zauber geraubt worden war. Von diesem Glauben leitet sich der bis heute genutzte Trivialname Stabwurz ab. Und wer auf seinen Reisen durch das Land Zweige der Eberraute bei sich trug, sollte nicht nur vor wilden Tieren und bösen Blicken geschützt sein, sondern auch nicht so rasch ermüden und schneller vorankommen.
Der Name Artemisia abrotanum zeigt die Verbindung der Eberraute zur Göttin Artemis. In der Antike galt sie als Schutzpatronin der Frauen und Gebärenden. Zur damaligen Zeit wurde die Pflanze vor allem bei Menstruationsbeschwerden und zur Erleichterung der Geburt genutzt. Heute weiß man, dass die Inhaltsstoffe der Eberraute Kontraktionen der Gebärmutter auslösen und die Durchblutung im Beckenbereich fördern können. Ohne moderne Hilfsmittel konnte das tatsächlich bei langwierigen Geburten helfen. Die gleichzeitige krampflösende Wirkung wiederum linderte die Schmerzen der Geburt. Darüber hinaus versprach man sich beim Einsatz der Eberraute die göttliche Unterstützung der Artemis. Da alle Pflanzen der Gattung Artemisia der Göttin geweiht waren, glaubte man bei deren Verwendung daran, dass sie ein wenig ihrer göttlichen Kraft beisteuert und die Geburt helfend begleitet. Die Wirkung dieses Glaubens lässt sich heute mit dem Placebo-Effekt erklären, sodass die Frauen wohl tatsächlich Linderung erfuhren.
Achtung:
Der Anbau von Kräutern und Heilpflanzen zählt nur in geringem Maß zur kleingärtnerischen Nutzung gemäß der sächsischen Rahmenkleingartenordnung. Vorrang sollten immer Obst- und Gemüsepflanzen haben.
Carmen Kraneis, ausgebildete Fachberaterin
Steckbrief: Eberraute
| Name | Artemisia abrotanum; auch Stabkraut, Aberraute, Pastorenkraut oder Gartheil genannt |
| Familie | Korbblütler (Asteraceae) |
| Verbreitung | Vorrangig in Osteuropa, der Türkei und Südrussland verbreitet; vereinzelt auch in Nord- und Südeuropa |
| Standort | Sonnige, geschützte Standorte; magere, kalkhaltige, durchlässige Böden |
| Aussehen | Strauchartige Pflanze mit verholzten Stängeln und rispenförmigen feingefierderten silbrig-grünen Blättern mit zitronig-kampferartigen Duft; im Sommer kleine gelb-weiße Blüten |
| Essbarkeit | ungiftig; genutzt werden die jungen Triebspitzen |
| Verwendung | Heil- und Gewürzpflanze; als Tee, Tinktur, Umschlag oder Salbe |
| Wirkung | antibakteriell, beruhigend, krampflösend, verdauungsberuhigend appetitanregend, menstruationsfördernd, schmerlindernd, schleimlösend |
| Anwendung | bei Erkältungen, leichten Schmerzen, Verdauungsbeschwerden, Menstruationsproblemen, Schlafstörungen, innere Unruhe |
| Darreichung | frische oder getrocknete Triebspitzen als Tee oder Tinktur, äußerlich als Umschlag |
Unsere Rezeptecke
| Eberrauten-Tee | 1 bis 2 TL frische oder getrocknete Blätter mit 250 ml kochendem Wasser übergießen und abgedeckt 10 Minuten ziehen lassen. Anschließend abseihen und in kleinen Schlucken trinken. Maximal 3 Tassen am Tag. Hilft bei Magen- und Verdauungsbeschwerden, Erkältungen, Menstruationsbeschwerden, Schlafstörungen und innerer Unruhe |
| Eberrauten-Schnaps | Schraubglas zur Hälfte mit Eberrautentrieben füllen und mit einem Mörser andrücken. Im Mörser 1 bis 2 Kardamomkapseln, 1 TL Zimt, und 1 TL Fenchelsamen mahlen und zugeben. 1 Vanilleschote öffnen und zusammen mit getrocknetem Anis und 3 bis 4 frischen Orangenscheiben ebenfalls hinzufügen. Für die Süße etwas Honig in das Glas träufeln. Dieses gut verschließen, schütteln und an einem warmen und dunklen Ort 12 Wochen ziehen lassen. Dabei regelmäßig schütteln. Anschließend abseihen und täglich ein Schnapsglas trinken. Hilft gegen Verdauungsbeschwerden und bei Schlaflosigkeit. |
| Eberrauten-Tinktur | 100 ml Apfelessig in einem kleinen Topf aufkochen. Abkühlen lassen und zusammen mit 50 g frischen Eberrauten-Blättern in ein Schraubglas geben. Dieses verschließen und sechs Wochen an einem warmen, dunklen Ort ziehen lassen. Regelmäßig schütteln. Anschließen abseihen und in eine Tropfflasche füllen. 10 Tropfen in ein Glas Wasser geben und in kleinen Schlucken trinken. Maximal dreimal pro Tag. Hilft bei Verdauungsbeschwerden und Erkältung. Tinktur kann auch äußerlich zum Einreiben genutzt werden. |
Verwandte Artikel
Alle wichtigen Neuigkeiten jetzt kostenfrei als Newsletter abonnieren!
“Unser Kleingarten” wird Ihnen regelmäßig als Newsletter präsentiert und bietet Ihnen eine Fülle von Informationen und Ressourcen rund um das Thema Kleingärten.








