Karo-Tina Aldente: Amseln, Holunder und kalte Suppe mit Vogelmiere

Die meisten Kleingärtner haben einen Vogel und die meisten Kleingärtnerinnen auch. Ich habe fast jedes Jahr einen anderen Vogel. In diesem Jahr sogar zwei. Zwei Amseln, um genau zu sein: ein Amselpärchen. Sie brüten zum was-weiß-ich-wievielten Mal im Holunderstrauch und besuchen mich regelmäßig. Nicht, dass wir enger befreundet wären. Aber man kennt sich und man grüßt sich.
Karo-Tina Aldente und die Amseln im Hollerbusch
Herr Amsel sitzt gern auf dem First meines Gartenhäuschens und singt. Wenn er vom vielen Singen hungrig ist, schwingt er sich im eleganten Bogen herab auf meine, mit Rindenmulch bedeckten Wege. “Na”, sage ich, als er mir mal wieder Gesellschaft leistet. Er hält den Kopf schief mit einem Blick, als wollte er sagen: “Wer hat dich denn hier hereingelassen?” Doch dann füllt er sich mit Scharren und Picken den Schnabel mit Insektenlarven und kleinen Würmern und schwirrt ab Richtung Hollerbusch.
Anders Frau Amsel, sie landet meist in respektvollem Abstand und nähert sich mir zu Fuß. Wenn ich gerade sitze, kommt sie mir bis auf wenige Zentimeter nahe, um auch noch das letzte Würmchen zu meinen Füßen zu erhaschen. Wenn ich im Garten unterwegs bin, hüpft sie in zwei drei Metern Abstand hinter mir her und bearbeitet den Boden mit Krallen und Schnabel. Ich lockere meine Beete mit dem Sauzahn und wann immer dabei ein Drahtwurm oder anderes Bodengetier auftaucht, gebe ich Frau Amsel Bescheid. Schließlich sind wir Scharr-Kolleginnen.
Vogelmierensuppe mit Kartoffeln
“Guck”, sage ich, “was für ein schöner Happen.”
“Mit wem sprichst du?”
Mein Fräulein Tochter war von mir bislang unbemerkt an meinem Gartenzaun aufgetaucht.
“Och”, sage ich, “mit Frau Amsel hier.” Ich deute auf den Vogel.
Meine Tochter Jasmin reckt sich und späht auf meinen Gartenboden. Die Amsel flattert davon. “Ich glaube die haben schon wieder Küken im Nest”, sage ich und deute auf den Holunderbusch.
“Dein Küken hat auch Hunger und heute Morgen vergessen, etwas Essbares einzupacken.” Jasmin macht runde Augen.
Manchmal verstehe ich meine Tochter nicht. Der halbe Garten ist essbar, in Gedanken baut sie mit an der essbaren Stadt, aber wenn sie ihr Pausenbrot vergessen hat, dann kommt sie zur Mama.
“In deinem Garten ist nichts Essbares?”
“Doch, schon”, druckst sie herum, “aber ich habe Appetit auf etwas Zubereitetes, Kaltes, Erfrischendes.”
Vielleicht hätte ich, als ich gestern in Jasmins Garten frische junge Vogelmierentriebe gezupft habe, ihr nicht verraten sollen, dass ich eine kalte Vogelmierensuppe zubereiten will.
“Na dann komm schon rein.”
Vogelmiere wirkt verdauungsfördernd
Wir gehen zu meinem Gartenhaus, auf dem just in diesem Moment auch der Amselmann ein Ständchen zwitscherte.
Ich öffne die Thermobehälter und schöpfe zwei Schüsseln voll. Jasmin legt die Löffel auf den Gartentisch und wir essen.
Ich hatte 120 Gramm mehlig kochende Kartoffeln geschält und in kleine Würfel geschnitten. Zusammen mit 50 Gramm Zwiebelringen dünstete ich die Kartoffelwürfel in einer Pfanne mit einem Esslöffel Rapsöl an. Danach löschte ich mit 250 Milliliter Gemüsebrühe ab und garte die Kartoffeln in zirka 15 Minuten. Anschließend zog ich die Pfanne von der Herdplatte und ließ alles abkühlen.
Dann wusch ich 120 Gramm frische Triebspitzen von Vogelmiere. Ich füllte das Grünzeug zusammen mit einem Zweiglein Liebstöckel, einem Teelöffel gemahlenem Kümmel, 250 ml kalter Gemüsebrühe, 500 Gramm ungesüßtem Sojajoghurt und dem abgekühlten Inhalt der Pfanne in einen hohen Behälter und pürierte alles. Dann würzte ich mit je einer Prise Pfeffer, Salz und Muskat und strich die Masse durch ein Sieb. Zum Schluss stellte ich alles in den Kühlschrank.
“Na,” sagte mein Fräulein Tochter und schaute unter den Gartentisch, “das ist aber mein Schnürsenkel.”
Die Amselfrau bemerkte ihren Irrtum flatterte ins nächste Beet.
Karo-Tina Aldente
Zutaten: Kalte Vogelmiere-Suppe
- 120 g mehlig kochende Kartoffeln (in Würfel geschnitten)
- 50 g Zwiebeln (in Ringe geschnitten)
- 1 EL Rapsöl
- 250 ml Gemüsebrühe + 250 ml kalte Gemüsebrühe
- 120 g frische Triebspitzen der Vogelmiere
- 1 Zweig Liebstöckel
- 1 TL gemahlener Kümmel
- 500 g ungesüßter Sojajoghurt
- Salz, Pfeffer und Muskat nach Geschmack

Die Vogelmiere blüht markant mit kleinen weißen Blüten (Foto: ILBONG NAM/Pixabay).
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