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Kräuterapotheke: Wilde Karde wirkt gegen Hautleiden und hilft der Artenvielfalt

in Gartenpraxis, Kräuterapotheke
Kräuterapotheke Wilde Karde

Die Wilde Karde ist nicht nur ein imposanter Blickfang im Garten, sondern auch eine wichtige Futterpflanze für Insekten aller Art. Gleichzeitig dient sie den kleinen Summern und Flatterern als Wasserquelle. Wer die raue Schönheit in seinem Kleingarten hat, bietet also nicht nur Insekten ein reichhaltiges Buffet, sondern profitiert auch von der Heilwirkung der Pflanze. Eine Eigenschaft, die schon zur Zeit Kaiser Neros bekannt war (Foto: Kurt Klement/Pixelio).

Wilde Karde und die Römer

Der römische Arzt Dioskurides schwor bereits im 1. Jahrhundert nach Christus auf die heilende Wirkung der Wilden Karde (Dipsacus fullonum L). Denn ihn und viele seiner Zeitgenossen plagte ein unangenehmes Übel, gegen das mit der Karde zum Glück ein Kraut gewachsen war. Deren Wirkung beschrieb der Militärarzt, dessen Dienstreisen unter den Kaisern Nero und Claudius bis nach Gallien und Nordafrika führten, in seinem Werk “De materia medica” (deutsch: “Über die Heilmittel”). Dort sammelte der antike Mediziner rund 1.000 Heilmittel pflanzlichen, tierischen und mineralischen Ursprungs und knapp 4.800 medizinische Anwendungen. 

Der Wilden Karde schrieb Dioskurides eine heilende Wirkung bei Fisteln und Rissen am Allerwertesten zu. Dazu musste man die zerstoßene Wurzel in Essig oder Wein kochen, bis sie eine wachsähnliche Konsistenz annahm. Auf die Wunden aufgetragen, sollte sich dann schnell Linderung einstellen. Allerdings nur, wenn man die Creme in einer ehernen (als aus Bronze bestehenden) Büchse aufbewahrte. Ob der Arzt mit der Paste aus Wilder Karde wirklich wunden römischen Pobacken helfen konnte, ist nicht überliefert. Dass die Pflanze bei Wunden, Hautentzündungen, Warzen, Akne und anderen Hauterkrankungen helfen kann, hingegen schon. 

Die Wilde Karde ist ein wichtiger Nektar- und Pollenspender für Insekten und Wildbienen (Foto: P.Weber/Pixelio).

Zu den wichtigsten Inhaltsstoffen der Wilden Karde zählen Bitterstoffe, Terpene, Glykoside wie Scabiosid, Glucoside, Saponine sowie verschiedene Säuren wie Kaffeesäure. Dadurch wirkt das Kraut antibakteriell, entzündungshemmend, entgiftend, blutreinigend und hat eine harn- und schweißtreibende Wirkung. Außerdem soll sie die Wundheilung fördern. Dadurch kommt die Wilde Karde schon lange bei Hauterkrankungen und Wunden aller Art zum Einsatz, soll Dank der Bitterstoffe aber auch Leber und Verdauung anregen. Bereits im Mittelalter nutzten die Menschen die Pflanze gegen Schrunden und Warzen, bei Ekzemen und Hautflechten, bei Haut- und Nagelentzündungen, bei Akne und Pickeln, aber auch bei Leber- und Verdauungsbeschwerden.

Karden-Tinktur bei Wunden, Ekzemen und Co.

Verwendet wird in der Regel die Wurzel der Wilden Karde, die als Tee getrunken oder als Tinktur, Salbe oder Umschlag auf betroffene Hautstellen aufgetragen bzw. aufgelegt wird. Der in Sachsen geborene Ethnobotaniker Wolf-Dieter Storl stellte in seinem 2007 erschienen Buch die Behauptung auf, dass eine aus der Wilden Karde hergestellte Tinktur gegen Borreliose helfen soll. Als Grundlage dafür nannte er seine eigene Borreliose-Erkrankung, die er mit eben dieser Tinktur geheilt haben will. Allerdings konnte diese Wirkung bislang nicht medizinisch nachgewiesen werden. Auch Wolf-Dieter Storl blieb den wissenschaftlichen Nachweis bislang schuldig.

Deshalb sollte dieser Art der Borreliose-Therapie Vorsicht entgegengebracht und beim Verdacht auf eine Infektion mit den gefährlichen Bakterien immer ein Arzt aufgesucht werden. Bislang gehört die Behandlung mit Antibiotika zu den sichersten Methoden, um die Erkrankung wirksam zu therapieren. Generell gilt bei der Behandlung mit Kräutern und Heilpflanzen immer der Grundsatz, bei anhaltenden oder sich verschlimmerten Beschwerden einen Arzt aufzusuchen.

Wilde Karde ist pflegeleicht und winterhart

Um die Wilde Karde in die eigene Hausapotheke zu integrieren, kann Sie als Samen ausgebracht oder als Jungpflanze angepflanzt werden. Oft sät sich das Kraut auch selbst im Garten aus, kann in diesem Fall also einfach stehen gelassen werden. Bevorzugt werden sonnige bis halbschattige Standorte mit durchlässigen und nährstoffreichen Böden. Sandige und leicht lehmige Böden mag die Karde sehr, da Staunässe nicht zu ihren Favoriten zählt. Wer auf eher schweren Lehmböden gärtnert, kann diese durch die Zugabe von Sand auflockern. Die Pflanze ist zweijährig, wird bis zu 150 cm hoch und weist am Stängel kleine Stacheln auf. Das schützt die sie vor Schneckenfraß.

Die grünen, langen Lanzettblätter stehen sich gegenüber und sind in einer Rosette angeordnet. Dadurch erkennt man die Wilde Karde gut an den kleinen Trichtern, die die Blätter am Stängel bilden, und in denen sich nach dem Regen das Wasser sammelt. Doch auch die Blüte ist markant. Die kolbenförmigen, violetten Blütenstände bilden sich zwischen Juni und August und erinnern an eine Distel. Denn die Karde bildet viele kleine Blüten aus, die sich ringförmig über den ganzen Kolben ziehen und von festen, leicht stacheligen Hüllblättern umgeben sind. Nach der Blüte bleibt die kolbenförmige Basis stehen und bietet Vögeln zahlreiche kleine Nussfrüchte als Nahrung an. Vor allem über den Winter ist die Wilde Karde dadurch ein wichtiger Futterlieferant für Wildvögel.

Im Winter bieten die trockenen Blütenstände Futter für Wildvögel (Foto: Dieter/Pixelio)

Hat sich die Wilde Karde im Garten etabliert, braucht sie keine Pflege mehr. Kleingärtnernde können sie einfach wachsen lassen. Wer den Kolben nach der Blüte nicht abschneidet, sondern über den Winter stehen lässt, versorgt nicht nur heimische Vögel mit Winterfutter, sondern hilft auch der Karde, sich selbst auszusäen. Sie ist winterhart und hält Temperaturen bis -40 Grad aus, ein zusätzlicher Winterschutz ist also nicht notwendig. Diese Frosthärte sorgt auch dafür, dass die Pflanze in den Allgäuer Alpen auf einer Höhe von bis zu 1.100 Metern anzutreffen ist. Dabei ist sie ein Archäophyt, der ursprünglich aus dem Mittelmeerraum stammt und von Menschen in Mittel- und Osteuropa verbreitet wurden. Im Gegensatz zu Neophyten fand die Verbreitung der Wilden Karde hierzulande jedoch schon vor 1492 und der Entdeckung Amerikas durch Kolumbus statt.

Wilde Karde wichtiger Futter- und Wasserspender

Nicht nur für den Menschen stellt die Wilde Karde eine nützliche Pflanze dar, auch Insekten und Vögel profitieren von ihr. Hummeln, Bienen, Schmetterlinge und Schwebfliegen schätzen die pollen- und nektarreichen Blüten der Karde. Die stacheligen Stängel und großen Blättern bieten Käfern und anderen Insekten einen geschützten Lebensraum. Und die Samen der verblühten Karde sind für Vögel ein wichtiger Futterlieferant im Winter. Darüber hinaus nutzen Tiere aller Art die Trichter der Blätter am Stängel als Wasserquelle. Das sich dort ansammelnde Wasser hilft Bienen, Käfern, Vögeln und anderen Insekten geschützt und ohne die Gefahr des Ertrinkens Wasser aufzunehmen. Deswegen ist die Karde nicht nur ein Hingucker im naturnahen Garten, sondern auch ein wichtiger Helfer für die Artenvielfalt.

Als attraktive Futterpflanze zieht die Wilde Karde viele Insekten an (Foto: Udo Sodeikat/Pixelio).

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Leicht zu verwechseln ist die Pflanze mit der Weber-Karde. Auch, weil sich Experten nicht ganz einig sind, ob Wilde Karde und Weber-Karde zwei verschiedene Arten darstellen oder ob es sich bei der Weber-Karde lediglich um eine Unterart der Wilden Karden handelt. Beide Pflanzen sind sich sehr ähnlich, allerdings weist die Weber-Karde kürzere und festere “Stacheln” am kolbenförmigen Blütenstand auf. Zudem sind diese leicht hakenförmig gekrümmt. Das machte die Weber-Karde in früheren Jahrhunderten zu einem Werkzeug der Textilindustrie. Dafür wurden die verblühten Blütenstände getrocknet und in Reihe auf lange Stäbe geschoben. Anschließend ließen sich mit diesem “Karde” genannten Werkzeug Wollstoffe aufrauen.

So entstand eine flauschige, an Flanell erinnerten Struktur. Allerdings hielt ein Karden-Kolben nur für wenige Durchgänge und musste ständig erneuert werden. Heute verwenden Firmen stattdessen Draht und Metallhaken, um diesen Effekt zu erzielen. Die Begriffe “Karde” und “Kardieren” für das Werkzeug und den Vorgang des Aufrauens gehen durch diese Historie direkt auf die Wilde Karde zurück. Dabei stammt der Name “Karde” aus dem lateinischen von “carduus” für Distel. Auch wenn die Karde botanisch keine Distel ist. 

Wilde Karde wichtiger Futter- und Wasserspender

Und was hat die Wilde Karde mit der Schönheit zu tun? Zumindest im Volksglauben so einiges. Denn früher war man von der Fähigkeit der Pflanze, Wasser in den kleinen Trichtern am Stängel aufzufangen, so fasziniert, dass man diesem Wasser magische Eigenschaften zuschrieb. Auf die Haut aufgetragen sollte das Wasser als Schönheitselixier wirken.
Etwas profaner geht die Karde wohl mit Insekten um, die in den kleinen Trichtern ertrinken. Forschende vermuten, dass die Pflanze die Nährstoffe dieser sich im Wasser zersetzenden Tierchen für sich nutzen kann. Sollte das stimmen, gehört die Pflanze zwar nicht direkt zu den fleischfressenden Pflanzen, kann sich aber zurecht als Gelegenheits-Karnivore bezeichnen. 

Carmen Kraneis, ausgebildete Gartenfachberaterin

Steckbrief: Wilde Karde

NameDipsacus fullonum L, auch Agaleia, Cart, Chart, Sprotdistel, Tuchkart genannt
FamilieGeißblattgewächse (Caprifoliaceae)
VerbreitungUrsprünglich aus Südeuropa stammend, heute in Europa, Nordafrika und Westasien verbreitet
Standortnährstoffreiche Böden mit ausreichend Feuchtigkeit; sandig bis leicht lehmig; sowohl sonnig als auch Halbschatten
Aussehenhohe krautige Pflanze mit lanzettförmigen Blättern in Rosette angeordnet; stachliger Stängel; kolbenförmige Blütenstand mir kleinen violetten Blüten und festen Hüllblättern; an Distel erinnernd
Essbarkeitungiftig; verwendet werden die unterirdischen Pflanzenteile
VerwendungHeil- und Gewürzpflanze; als Tee, Tinktur, Umschlag oder Salbe
Wirkungentzündungshemmend, antibakteriell, entgiftend, harn- und schweißtreibend
Anwendungbei Wunden und Hauterkrankungen aller Art sowie bei Leber- und Magenproblemen.
DarreichungGetrocknete Wurzel, zerkleinert als Tee oder als Salbe oder Tinktur zubereitet.

Unsere Rezeptecke

Karden-TinkturFrische oder getrocknete Karden-Wurzel zerkleinern und in ein Schraubglas geben (das Glas sollte halbvoll sein). Anschließend mit hochprozentigem Alkohol (zum Beispiel Doppelkorn) aufgießen bis die Wurzeln gut bedeckt sind. Glas gut verschließen und an einem warmen Ort für 6 Wochen stehen lassen. Dabei regelmäßig schütteln. Dann die Mischung abseihen und die Tinktur in eine dunkle Flasche abfüllen. Bei Verdauungs- und Magenproblemen zweimal täglich bis zu 30 Tropfen einnehmen. Bei Hautproblemen pur oder mit Wasser verdünnt bis zu dreimal täglich auftupfen. Kann auch für Bäder oder Umschläge genutzt werden.
Karden-Tee1 Teelöffel getrocknete und zerkleinerte Kardenwurzel in 250 ml Wasser geben und im Topf aufkochen. Anschließend abgedeckt 10 Minuten ziehen lassen und abseihen. Bis zu 3 Tassen am Tag (am besten auf nüchternen Magen) können bei Magen- und Leberproblemen helfen.
Karden-Öl & -SalbeFrische Kardenwurzel zerkleinert in ein Schraubglas geben und mit Mandelöl bedecken. Anschließend für 24 Stunden bei ca. 40 Grad im Ofen ruhen lassen. Fertiges Öl abseihen, in eine dunkle Flasche geben und im Kühlschrank aufbewahren. Aus 30 g Karden-Öl, 5 g Karden-Tinktur sowie je 5 g Bienenwachs und Sheabutter kann zudem eine Salbe hergestellt werden. Dafür Wachs und Butter vorsichtig schmelzen, Öl und Tinktur einrühren und in ein Creme-Töpfchen abfüllen. Öl und Salbe können bei Hautproblemen aller Art helfen.

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