Kräuterapotheke: Echtes Mädesüß, das Aspirin der Natur


Nahaufnahme der Blüten des Mädesüß

Bereits vor den Entwicklungen der modernen Medizin wussten die Menschen, dass in feuchten Ecken auf Wiesen und an Bachläufen ein Heilkraut wuchs, das gegen Schmerzen, Fieber und bei Entzündungen half. Bis heute ist Mädesüß mit dem Schmerzmittel Aspirin verbunden. Doch auch der vanille- bis honigartige Geruch des Krauts machte es zu einer beliebten Duftpflanze im Haus (Foto: Viveka Rosin/Pixabay).

Echtes Mädesüß gegen Schmerzen und Fieber

Echtes Mädesüß gehört zu den heute nicht mehr allzu bekannte Heilkräutern. Dabei hat das Kraut eine lange Geschichte in der Volksheilkunde und wurde wegen seiner schmerz- und entzündungshemmenden Eigenschaften geschätzt. Vor allem in Zeiten, in denen es keine Schmerzmittel wie heute gab, war Mädesüß in vielen Kloster- und Bauerngärten zu finden und ergänzte die heimische Kräuterapotheke. Das Echte Mädesüß (Filipendula ulmaria) wird bis zu 150 Zentimeter, vereinzelt auch bis zu 200 Zentimeter hoch und bevorzugt feuchte Böden. Deshalb ist es wild oft auf Feuchtwiesen, an Bach- und Flussufern und in Erlen-Eschenwäldern zu finden. Doch auch im Kleingarten lässt sich Mädesüß kultivieren. Dafür ist ein sonniger bis halbschattiger Standort ideal. An den Boden stellt das Mädesüß keine allzu großen Anforderungen und wächst sowohl auf sandigen, als auch auf lehmigen oder tonhaltigen Untergründen. Lediglich feucht sollte das Erdreich sein und nicht allzu sauer.


Mädesüß Dolden mit den markanten kleinen weißen Blüten

Die kleinen Blüten des Mädesüß duften aromatisch nach Honig und Mandel (Foto: Ruth Clever/Pixabay)

In der Volksheilkunde wurde Mädesüß vorrangig gegen Schmerzen, bei Entzündungen und Fieber eingesetzt. Aber auch bei Rheuma, Kopfschmerzen und Gelenk- und Muskelschmerzen. Denn die Blütenknospen enthalten Salicylaldehyd, eine chemische Verbindung aus der Gruppe der Hydroxybenzaldehyde, die in der Leber zu Salicylsäure umgewandelt wird. Im Jahr 1838 gelang dem Pharmazeuten Johann Pagenstecher erstmals die Extrahierung des Stoffs. Und zwar aus den Mädesüß-Blüten. Bis heute ist diese Episode der Pharmaziegeschichte im Handelsnamen eines der bekanntesten Schmerzmittel der Welt verewigt: Aspirin.

Mädesüß und Aspirin

Bis heute ist Acetylsalicylsäure, kurz ASS, der Wirkstoff in den Aspirin-Präparaten. Dieser wird durch die Acetylierung von Salicylsäure und Essigsäureanhydrid gewonnen. Kurz gesagt, wird hier an das Molekül der Salicylsäure eine Acetylgruppe angehängt. Die dadurch entstehende Acetylsalicylsäure ist besser verträglich und reizt weniger den Magen als Salicylsäure. In ihrer Wirkung sind beide jedoch nahezu identisch. Der Name “Aspirin” leitet sich direkt vom Mädesüß ab.

Denn: Die lateinische Bezeichnung Filipendula ulmaria für das Mädesüß ist eine recht neue Entwicklung. Früher wurde das Kraut den Spiersträuchern zugeordnet und hieß Spiraea ulmaria. Das “Spir” wurde dadurch zum Mittelteil des Handelsnamens, da man die Salicylsäure früher auch Spirsäure nannte. Das “A” wiederum weist darauf hin, dass der Salicylsäure eine Acetylgruppe beigefügt wurde, sie wurde A(cetyliert). Die Endung “in” wiederum war zur Zeit der Entstehung geläufig für Medikamente. Und Voilà, der Name “Aspirin” war geboren, der seit immerhin 1899 existiert und bis heute für ein wirksames Schmerzmedikament steht.

Metsüße, Mähsüße und Mädesüß

Charakteristisch für die Pflanzen sind die cremeweißen Blüten, die meist in der Form von Trugdolden angeordnet sind. Die kleinen weißen Blümchen sind nur wenige Millimeter groß und duften intensiv nach Honig und Mandeln. Vor allem Abends ist ihr Duft wahrnehmbar und erfüllt im Sommer so manche Flussaue. Die Blätter sind gefiedert und stark geädert. Dadurch erinnern die einzelnen Blätter an das Laub der Ulme. Der Name “ulmaria” weist auf diese Tatsache hin.

Woher der Name “Mädesüß” stammt, ist hingegen nicht eindeutig überliefert. Eine Erklärung spricht den süßen Geruch an, den das Kraut nach dem Schnitt verströmt und der vor allem nach der Mahd zu riechen gewesen soll. Die Bauern sollen die Pflanze “Mähsüße” genannt haben, sodass sich nach und nach Mädesüß entwickelte. Als Mede wurde früher jedoch auch Grasland bezeichnet. Da Mädesüß dort besonders häufig vorkommt, wird auch hier eine Verbindung vermutete. Zumal Mädesüß in anderen Sprachen ähnliche Bezüge aufweist.


Mädesüß neben einem Becher Öl und vor einer Arzeniflasche

Mädesüß enhält Salicylsäure und war Namensgeber für das Medikament “Aspirin” (Foto: xbqs42/Pixabay).

Die bislang anerkannteste Erklärung für den Namen geht jedoch vom Begriff “Metsüße” aus. Mädesüß wurde früher zum Verfeinern von Wein und Met genutzt und ergänzte die Getränke durch seinen aromatisch-süßen Geschmack. Diese Verwendung soll schließlich zum Namen geführt haben.

Schmerzmittel und Fiebersenker

Neben dem hohen Anteil an Salicylaldehyd und Salicylsäureverbindungen enthält Mädesüß Gerbstoffe, Flavonoide, ätherische Öle, Schleimstoffe wie Vanillin, Zitronensäure, Kieselsäure und Polyphenole. Diese Inhaltsstoffe wirken nicht nur schmerzlindernd, sondern auch antioxidativ, antimikrobiell, entzündungshemmend, adstringierend sowie schweiß- und harntreibend. Dadurch wird Mädesüß vor allem bei Erkältungen und Fieber eingesetzt, bietet durch seine harntreibende Wirkung aber auch Linderung bei Gicht und Rheuma. Die schmerzlindernde Wirkung der Salicylsäureverbindungen kann zudem bei leichten Kopfschmerzen oder bei Gelenk- und Muskelschmerzen helfen. Dafür werden die Blütendolden der Pflanze an einem trockenen Morgen im Hochsommer abgeschnitten und zum Trocknen aufgehängt. Nach der vollständigen Trocknung lassen sich die Blüten leicht von den Stielen abstreifen und in einem Glasgefäß an einem dunklen, kühlen und trockenen Ort aufbewahren.


Eine alte Aspirin-Flasche

Das Medikament Aspirin machte die Salicylsäure des Mädesüß medizinisch wirksam (Foto: Dan Smedley/Unsplash).

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Kräuterapotheke im Kleingarten

Traditionell werden die getrockneten Blüten als Tee oder Aufguss innerlich abgewendet. Hier sollte die Tagesdosis von maximal drei Tassen pro Tag jedoch nicht überschritten werden, da Mädesüß im Verdacht steht, ähnlich wie Aspirin blutverdünnend zu wirken. Schwangere, Kinder und Menschen mit einer Acetylsalicylsäure-Unverträglichkeit sowie Patienten, die Blutverdünner einnehmen, sollten Mädesüß nicht anwenden oder die Einnahme vorab mit ihrer Ärztin oder ihrem Arzt besprechen. Bei rheumatischen Beschwerden, Gicht oder Muskel- und Gelenkschmerzen kann Mädesüß auch als Badezusatz oder Umschlag angewendet werden. Eine weitere Alternative ist das Auftragen einer Mädesüß-Salbe oder das Einnehmen einer Tinktur. Bei allen Anwendungen sollte jedoch darauf geachtet werden, dass das Kraut nicht mit kochendem Wasser aufgegossen wird, da die Hitze die Salicylsäureverbindungen zerstört. Sollten sich die Beschwerden verschlimmern, nicht nach wenigen Tagen abklingen oder neue hinzukommen, suchen Sie bitte einen Arzt auf. Eine Therapie mit Mädesüß oder anderen Heilkräutern ersetzt keine medizinische Versorgung.

Das Echte Mädesüß verströmt nicht nur einen angenehmen Geruch, sondern ist auch eine wichtige Bienenweide. Dort finden zahlreiche Insekten Nahrung. Für den Mädesüß-Perlmutfalter, dessen Raupen sich vorrangig vom Mädesüß ernährt, ist die Pflanze sogar überlebenswichtig. Wer Mädesüß im Kleingarten anpflanzt, erweitert also nicht nur seine Kräuterapotheke, sondern unterstützt auch aktiv die Biodiversität.

Achtung:
Der Anbau von Kräutern und Heilpflanzen zählt nur in geringem Maß zur kleingärtnerischen Nutzung gemäß der sächsischen Rahmenkleingartenordnung. Vorrang sollten immer Obst- und Gemüsepflanzen haben.

Carmen Kraneis, ausgebildete Fachberaterin 

Steckbrief: Mädesüß

Name Filipendula ulmaria, auch Spierstaude, Bocksbart, Wiesenkönigin genannt
Familie Rosengewächse (Rosaceae)
Verbreitung Ganz Europa, außer im südlichen Mittelmeerraum; außerdem in Asien und Nordamerika
Standort Feuchte, nährstoffreiche Böden; schwach sauer; auf Sand-, Torf- und Lehmböden; Sonne und Halbschatten
Aussehen Krautige Pflanze mit ulmenähnlichen, gefierderten und stark geäderten Blättern; kleine cremeweise Blüten in Trugdolden mit intensven honigartigen Duft
Essbarkeit ungiftig; verwendet werden vorrangig die Blüten
Verwendung Heil- und Gewürzpflanze; als Tee, Tinktur, Umschlag oder Salbe
Wirkung Schmerzlindernd, entzündungshemmend, antioxidativ, adstringierend, harntreibend, schweißtreibend, antimikrobiell
Anwendung bei Erkältungen, Fieber, leichten Schmerzen, Rheuma, Gicht, Muskel- und Gelenkschmerzen
Darreichung frische oder getrocknete Blüten; als Tee, Tinktur, Öl oder ähnliches

Unsere Rezeptecke

Mädesüß-Tee 2 TL getrocknete Mädesüß-Blüten in eine Tasse geben und mit heißem (nicht kochendem) Wasser übergießen. Abgedeckt 10 Minuten ziehen lassen und dann in kleinen Schlucken trinken. Maximal drei Tassen pro Tag. Hilft bei Erkältungen, leichten Schmerzen und Fieber
Mädesüß-Honig 2 g getrocknete Mädesüß-Blüten in ein Schraubglas geben und mit 100 ml flüssigen Honig übergießen. Glas verschließen und ca. 3 Wochen an einem dunklen Ort ziehen lassen. Anschließend Mädesüß-Honig im Tee oder warmen Wasser auflösen und in kleinen Schlucken trinken. Hilft bei Erältungen und Fieber.
Mädesüß-Tinktur Ein Schraubglas zu einem Drittel mit Mädesäß-Blüten füllen (frisch oder getrocknet) und den Rest des Glases mit klarem Alkohol (Doppelkorn oder Wodka) auffüllen. Glas verschließen und 6 Wochen an einem dunkle, kühlen Ort ziehen lassen. Dabei regelmäßig schütteln. Anschließend abseihen und in einem dunkle Flasche füllen. 15-20 Tropfen in warmes Wasser oder Tee geben und vor dem Schlafengehen trinken. Hilft bei Fieber und Erkältungen sowie leichten Schmerzen.

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