Kräuterapotheke: Wermut Dank Bitterstoffen nicht nur bei Geheimagenten beliebt
Wermutkraut ist vielen vor allem als Zutat der gleichnamigen Spirituose bekannt, die sich mit Markennamen wie Cinzano oder Martini im Schnapsregal findet. Dabei bietet Wermut viel mehr als das und ist ein nützlicher Helfer in der heimischen Kräuterapotheke. Im Kleingarten sieht das Wermutkraut nicht nur hübsch aus, sondern kann auch direkt aus dem Garten geerntet werden (Foto: 人在杰途/Pixabay).
Kräuterapotheke Wermut: Geschüttelt nicht gerührt
Geschüttelt, nicht gerührt – so bestellt James Bond seinen Martini. Der klassische Aperitif besteht traditionell aus Gin und Wermut, oft auch Vermouth genannt. Dabei handelt es sich um aufgespritzten Wein mit einem festgelegten Alkoholgehalt, der nicht nur seinen Namen, sondern auch seinen typischen Geschmack vom Wermutkraut erhält. Als Wermutkraut wird der Gemeine oder Echte Wermut (Artemisia absinthium L.) bezeichnet, der seit der Antike als Heilpflanze bekannt ist. Das krautige Gewächs wird bis zu 60 cm hoch, kann vereinzelt aber auch bis zu 150 cm Höhe erreichen. Das heißt, dass beim Anbau im Kleingarten ab und an ein Schnitt nötig sein kann.
Der Wermut ist an seinen markanten Blättern und an seinem Geruch zu erkennen (Foto: mac231/Pixabay).
Erkennbar ist der Wermut an seinem Aussehen und seinem aromatischen herb-würzigen Duft. Aus waagerecht im Boden liegenden Rhizomen entspringen Sprossen, die mit kleinen fiedrigen Blättern besetzt sind und zum Teil am Boden verholzen. Markant ist auch die gräuliche bis silbrige Färbung der Blätter und die weiche Behaarung auf der Oberseite. Ab Ende Juli öffnen sich die kleinen rispenartigen gelben Blüten des Wermuts, deren kleine rundlichen Körbchen meist etwas herabhängen. Die Pflanze blüht bis in den September hinein und bildet dann winzige eiförmige Achänen-Früchte aus.
Wermut bereits seit der Antike bekannt
Der Wermut stammt aus den gemäßigten Breiten Eurasien und verbreitete sich bis nach Nordafrika und Indien. Über die Klostergärten wurde die Pflanze auch hierzulande bekannt und kam auch bei Hildegard von Bingen zum Einsatz. Sie bevorzugt trockene, eher karge Böden mit einem hohen Sand-Anteil sowie sonnige oder halbschattige Standorte. Obwohl der Wermut wild oft in der Nähe von Wasserläufen vorkommt, sollte im Kleingarten auf eine zu starke Wässerung verzichtet werden. Denn Staunässe mag das Kraut gar nicht. Außerdem sollten Kleingärtnernde auf den Abstand zu anderen Pflanzen achten. Denn der Wermut kann, zu dicht an andere Gewächse gepflanzt, deren Wachstum hemmen.
Zeitweise Dürreperioden machen ihm nicht allzu viel aus. Dadurch ist der Wermut auch für die sich verändernden Klimaverhältnis und längere Trockenzeiten gerüstet. Auch düngen muss man die Pflanze nicht. Einmal im Jahr ein bisschen Kompost um die Pflanze herum einarbeiten reicht für das ganze Jahr. Mehr Nährstoffe braucht der Wermut nicht. Zudem sollte er einmal im Jahr zurückgeschnitten und verjüngt werden. Im Winter freut sich das Kraut über eine schützende Mulch- oder Laubschicht.
Wermut gegen Magen-Darm-Beschwerden
Zu den Hauptbestandteilen des Wermuts zählen Bitterstoffe. Darunter vorrangig Absinthin, Anabsinthin, Artabsin und Matricin. Außerdem sind mehr als 60 ätherische Öle enthalten, vor allem das ätherisch Öl Thujon, dass auch in Thujen und Thymian zu finden ist. Zudem trans-Sabinylacetat und Lavandulylacetat sowie Gerbstoffe, Flavonide und Phenolcarbonsäuren. In der Heilkunde kommt Wermut traditionell bei Verdauungsbeschwerden zum Einsatz.
Dank der starken Konzentration an Bitterstoffen soll er den Appetit anregen und zu einer besseren Verdauung fettiger Speisen beitragen. Darüber hinaus soll das Kraut gegen Blähungen, Krämpfen und Übelkeit helfen. Dem Wermut werden zudem antientzündliche, antibakterielle und krampflösende Eigenschaften nachgesagt. Seit dem Mittelalter wird er auch als Wurmmittel eingesetzt, da er im Darm ein wurmfeindliches Milieu schaffen soll. Manche Hundefreunde schwören noch heute auf den Wermut als natürliches Nahrungsergänzungsmittel gegen Würmer bei ihren Vierbeinern.
Allerdings enthält Wermut auch Thujon, das neurotoxisch wirkt und in höheren Dosen Halluzinationen, Krampfanfälle, Übelkeit, Erbrechen, Unruhe, Zittern und sogar epileptische Anfälle auslösen kann. Das Thujon wird auch dafür verantwortlich gemacht, dass der Absinth der früheren Tage – ebenfalls eine Wermut-Spirituose, allerdings zusätzlich mit Anis und Fenchel versetzt – solch starke Wirkung auf seine Konsumenten hatte. Vor allem in Frankreichs Künstlerszene soll der Konsum des Getränks mit bis zu 89 Volumenprozent zu einigen Problemen geführt und regelmäßig rauschähnliche Zustände ausgelöst haben. Die Sorge, dass der Absinth-Genuss durch den Thujon-Gehalt schwere gesundheitliche Schäden hinterlässt und abhängig macht, führte dazu, dass die Spirituose von 1915 bis zur Jahrtausendwende in vielen europäischen Ländern verboten war.
Der auffällig grüne Absinth war lange Zeit verboten (Foto Diana Krotova/Unsplash).
Heute ist Absinth wieder erhältlich und unterliegt strengen Kriterien. Allerdings wurde in Versuchen nachgewiesen, dass der heutige, stark kontrolliert Absinth nicht mehr Thujon enthält als der des 19. und 20. Jahrhunderts. Die negativen Effekte des Konsums der damaligen Zeit lagen wohl vorrangig an der hohen Menge Absinth, die die Menschen üblicherweise tranken, und an der schlechten Alkoholqualität der damaligen Spirituosen. Bekannte Freunde des Absinthes waren Vincent van Gogh, Ernest Hemingway, Edgar Allan Poe, Oscar Wilde und Paule Gauguin.
Wermut und Absinth zum Teil verboten
Aufgrund des Thujongehalts sollte Wermut in der Kräuterapotheke trotzdem mit Bedacht genutzt werden. Vor allem alkoholische Auszüge können hohe Mengen enthalten und bei übermäßigem Konsum zu Übelkeit, Krämpfen bis hin zu Nierenversagen führen. Hier sind eher wässrige Auszüge und Tees zu empfehlen. Dabei ist der Aufguss der getrockneten Blätter mit heißem Wasser die häufigste Anwendungsform bei Magen-Darm-Beschwerden. Allerdings sollte, wenn möglich, auf das Süßen des Tees verzichtet werden, um die Wirkung der Bitterstoffe zu erhalten. Als Umschlag oder Badezusatz kann Wermut auch bei Hautleiden helfen. Hier spielen die antientzündlichen und antibakteriellen Eigenschaften eine große Rolle.
Schwangere und stillende Personen sollten auf Wermut-Kuren lieber verzichten. Auch bei chronischen Krankheiten oder der Einnahme von Medikamenten sollte vorab der Rat eines Arztes oder einer Ärztin eingeholt werden. Und wie immer gilt: Die Kräuterapotheke zuhause ersetzt keine medizinische Versorgung. Suchen Sie bei anhaltenden oder sich verschlimmernden Beschwerden immer einen Arzt auf.
Geschüttelt, nicht gerührt (Foto: Steve Buissinne/Pixabay).
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Zurück zu James Bond und seinem “Geschüttelt, nicht gerührt”-Martini. Ein Martini, der eigentlich gar keiner ist. Denn in “Casino Royal” lässt Ian Flemming den Geheimagenten zwar einen Martini bestellen, allerdings mit Gin, Wodka und Kina Lillet. Den bis Dato noch unbekannte Drink tauft James Bond mit Blick auf seine weibliche Begleitung an diesem Abend “Vesper”. Der Vesper, der mit Absinth gemischt auch als “Green Vesper” (und dann auch mit Wermut) serviert wird, ist der häufigste Drink in James Bond Händen. Allerdings ist er auch anderen (echten) Martinis wie dem Dry Martini nicht gänzlich abgeneigt.
Warum nun geschüttelt und nicht gerührt? Dafür gibt es mehrere Theorien. Am häufigsten wird jedoch der sogenannte Paranuss-Effekt genannt. Durch diesen werden die Geschmacksmoleküle des Getränks durch das Schütteln nach oben gebracht, so dass der erste Schluck intensiver schmeckt und weniger Alkohol enthält (da dieser auf den Grund des Glases sinkt). Außerdem wird der Drink kälter. Da James Bond oft nur einen Schluck nehmen kann, bevor wieder die Arbeit ruft, kann er den Cocktail so besser genießen, ohne sich zu stark dem Alkohol auszusetzen.
Carmen Kraneis, ausgebildete Gartenfachberaterin
Steckbrief: Wermut
Name | Artemisia absinthium L., auch Echter Wermut, Gemeiner Wermut oder Werrmutkraut |
Familie | Korbblütler (Asteraceae) |
Verbreitung | Europa, Asien, und Nordafrika; in Nordamerika eingeschleppt |
Standort | Sonne bis Halbschatten; trockene und karge Böden mit hohem Sandanteil; wenig Nährstoffbedarf |
Aussehen | krautige Pflanze mittelhohen Sprossen und kleinen fiedrigen Blättern; gräuliche bis silbrige Blattfärbung; kleine gelbe rispenförmige Korbblüten |
Essbarkeit | durch das enthaltene Thujon leicht giftig; verwendet werden die oberirdischen Pflanzenteile |
Verwendung | Heil- und Gewürzpflanze; als Tee, Tinktur, Umschlag oder in Kräuterschnaps |
Wirkung | entzündungshemmend, antibakteriell, appetitanregend, verdauungsfördernd, Förderung der Gallenflüssigkeit, krampflösend, blähungswidrig, kreislaufstärkend, menstruationsfördernd |
Anwendung | bei Magen-Darm-Beschwerden, Übelkeit, Appetitlosigkeit, Blähungen, Hautbeschwerden |
Darreichung | getrocknete Blätter als Tee, Tinktur, Umschlag oder Bad |
Unsere Rezeptecke
Wermut-Tee | 2 TL getrocknete Wermut-Blätter mit 500 ml kochendem Wasser übergießen und abgedeckt 5 Minuten ziehen lassen. Anschließend abseihen und noch warm oder kalt in kleinen Schlucken trinken. Hilft bei Magen-Darm-Beschweren, Appetitlosigkeit, Blähungen und Völlegefühl. Bei Bedarf kann der bittere Geschmack mit etwas beigemischter Pfefferminze abgemildert werden. |
Bitter-Tropfen | 20 g getrockneten Wermut in 500 ml Weißwein geben und mit 1 Gewürznelke, 1 Sternanis, 2 Kardamomkapseln und bei Bedarf einer 1/4 Zimtstange verfeinern. Mischung an einem dunklen kühlen Ort 7 Tage ziehen lassen und abseihen. 1 TL bei Verdauungsproblemen und Blähungen einnehmen (max. 2 pro Tag). |
Mai-Trunk nach Hildegard von Bingen | Frische Wermutblätter auspressen und 40 ml des Saftes auffangen. 150 g Honig in 1 Liter Weißwein geben und beides kurz aufkochen lassen. Den Wermutsaft in die Mischung geben und Topf von der Kochstelle nehmen. Noch heiß abseihen und in ausgekochte Flaschen füllen. Von Mai bis Oktober soll laut Hildegard von Bingen jeden dritten Tag ein Likörglas (25 ml) getrunken werden. Das soll die Verdauung verbessern, die Stimmung aufhellen und das Herz stärken. |
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