Naturnahe Kleingärten: Merkmale und Nutzen der kontrolliert wilden Oasen

Die Frage, ob ein Kleingarten naturnah bewirtschaftet wird oder naturbelassen ist, stellt Gartenfreunde und -freundinnen immer wieder einmal vor Probleme. Daher möchte Gartenfachberaterin Antje Löffler in zwei aufeinander folgenden Artikeln versuchen, einige Möglichkeiten der Unterscheidung aufzuzeigen. Im ersten Teil geht es um die naturnahe Gartenbewirtschaftung und darum, woran sie erkannt werden kann (Foto: G.C./Pixabay).
Naturnahe Kleingärten sind die Zukunft
Naturnahes Kleingärtnern ist zeitgemäß. Es bietet in unserer Zeit viele Vorteile gegenüber der klassischen, bis ins zweite Drittel des letzten Jahrhunderts üblichen Gartenbewirtschaftung. Bei letzterer war in ihrer ganz strengen Form die Gewinnung einer maximalen Menge an Obst und Gemüse im Kleingarten das erklärte Ziel. Dadurch war auch der Einsatz chemischer Pflanzenschutzmittel und reichlich Mineraldünger, oft sprichwörtlich “ohne Rücksicht auf Verluste”, üblich. Jedes Beikraut auf den Beeten musste unbedingt bekämpft werden. Außerdem herrschte eine sehr klare Flächentrennung zwischen Zierpflanzen und Nutzpflanzen, die charakteristisch für viele Kleingärten war.
Diese klassische Gartengestaltung ist nach wie vor zulässig, muss heute jedoch wesentliche Umweltaspekte beachten. So schreibt die Rahmenkleingartenordnung in Sachsen vor: “Die Bewirtschaftung des KG hat nach ökologisch nachhaltigen Gesichtspunkten zu erfolgen” (RKO 2.2). Auch das Bundeskleingartengesetz regelt, dass „die Belange des Umweltschutzes, des Naturschutzes und der Landschaftspflege […] bei der Nutzung und Bewirtschaftung des Kleingartens berücksichtigt werden“ sollen (BKleingG § 3.1).
Naturnah und trotzdem durchdacht
Vor allem in Zeiten von Klimaveränderung und massivem Artenrückgang bei Pflanzen und Tieren sind ökologische Gesichtspunkte beim Kleingärtnern unbedingt zu berücksichtigen. Allerdings: Eine komplett naturnahe Gartenbewirtschaftung ist anspruchsvoll. Deshalb ist auch eine zunächst teilweise Umsetzung dieses Konzepts ist zu begrüßen. Der Grundsatz der naturnahen Kleingartenbewirtschaftung lautet:
Die Gestaltung und Pflege des Gartens erfolgen mit der Natur und den ihr eigenen Gesetzen und nicht gegen sie.
Das heißt, dass es oft keiner großen und umfangreichen Maßnahmen bedarf, um einen Kleingarten in ein naturnahes Paradies für Insekten, Tiere und Pflanzen zu verwandeln. Denn naturnah gestaltete Kleingärten bieten unter diesem Gesichtspunkt viele Vorteile:
- Sie sind mit ihrer Vielzahl einheimischen Pflanzenarten widerstandsfähiger gegenüber Klimaextremen.
- Sie bieten eine größere ökologische Vielfalt, u.a., da auch Beikräuter kontrolliert wachsen dürfen.
- Sie leisten mit Nist- und Unterschlupfmöglichkeiten und dem Verzicht auf Pflanzentötungsmittel (Herbizide) und chemische Pflanzenschutzmittel einen beachtlichen Beitrag zum Erhalt bedrohter Tier- und Pflanzenarten.
- Sie schützen durch ganzjährige Bodenbedeckung (Mulch, Pflanzen der verschiedensten Art) den Boden.
- Sie wirken durch Beschattung des Bodens ausgleichend bei Temperaturextremen.
- Sie sind durch ihren sehr geringen Versiegelungsgrad und den dichten Bewuchs Wasserspeicher bei Starkregen.
Dadurch heben sich naturnahe Kleingarten stark vom klassischen Gartenkonzept früherer Zeiten ab. Oft werden sie mit Verwilderung gleichgesetzt, sind jedoch tatsächlich weit davon entfernt. Denn ein mit und für die Natur gestalteter Garten weist Elemente auf, die früher nicht nur unüblich, sondern oft auch verpönt waren. Doch sie sind wichtig für Artenvielfalt und Naturschutz. So sind naturnah bewirtschaftete Kleingärten an folgenden Merkmalen zu erkennen:
- Es liegt eine andere Gartenästhetik vor als in klassischen Kleingärten. Kennzeichen ist eine kleinteiligere Flächenaufteilung. Der Garten wirkt dichter bepflanzt und wilder. In jedem Fall sind aber Struktur und unterschiedlich gestaltete Bereiche erkennbar.
- Damit wirkt der Garten für den erfahrenen Betrachter genutzt. Die Nutzung ist unterschiedlich stark auf die einzelnen Bereiche verteilt. Wilde Ecken, Totholz-, Steinhaufen, Feuchtbiotope, Sandarien sind einige häufig anzutreffende Elemente.
- Eine große Pflanzenvielfalt bezieht Kultur- und Wildpflanzen ein.
- Die Wildpflanzen im Garten sind bekannt. Über ihre Funktion kann Auskunft gegeben werden.
- Kompostwirtschaft erfolgt sachkundig und intensiv. (z.B. klassischer Kompost, Flächenkompostierung)
- Ein klares eigenes Konzept der Gestaltung des Gartens besteht. Dieses Konzept kann auf Nachfrage auch erklärt werden.
Selbstverständlich werden in naturnah bewirtschafteten Kleingärten die jeweils gültigen gesetzlichen Regelungen, insbesondere auch die aktuelle RKO/KGO, eingehalten. Denn: Auch ein naturnaher Kleingarten muss kleingärtnerisch genutzt werden und darf nicht verwildern.
Antje Löffler, Gartenfachberaterin im KGV Erholung in Leipzig
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