Projekt “Artenvielfalt erleben”: Gedanken zur “Geburt” eines Projektes

Bei der Ausbildung zum Fachberater stieß Harald Baber auf das sächsische Mitmachtprojekt iNUVERSUMM und deren Arbeit für den Erhalt der Artenvielfalt der Insekten. Begeistert von der Idee startete der Kleingärtner aus der Anlage “Früh auf” in Selben ein eigenes Projekt unter dem Namen “Artenvielfalt erleben” und erzählt in mehreren Teilen vom Beginn der Aktion und dem Verlauf des Vorhabens.
Vom Fachberater zum Artenschützer im Verein
Ausschlaggebend war die Vorstellung des Projektes von iNUVERSUMM im Rahmen der Online-Schulung für Fachberater und Interessierte. Frau Gurske stellte dabei das Projekt iNUVERSUMM und die damit verbundenen Ziele vor. Sie verwies dabei auf einen geplanten Workshop in Bautzen, für den ich mich umgehend anmeldete. Mein Interesse bezieht sich auf meine 40-jährige aktive Tätigkeit als Kleingärtner in unserem Verein und auf die familiäre Verbindung zum Senkenberg Institut, welches Partner des Projektes ist. Da unsere Tochter im Senkenberg Institut in Görlitz als Botanikerin tätig ist (jetzt Leiterin des Naturkundemuseums) bin ich etwas vorbelastet. Der Workshop war, wenn auch teilweise fachlich sehr speziell, eine absolute Grundvoraussetzung, um unbedingt notwendige Zusammenhänge zu verstehen.
Auch wenn die Fülle an Informationen manchmal mein Fassungsvermögen überstieg, ist ohne dieses Hintergrundwissen eine sinnvolle Umsetzung kaum möglich. Zur Festigung dieses Wissenskonzentrates erhielten die Teilnehmer eine umfangreiche Online-Nachbereitung. Ein sehr hilfreicher und nicht zu unterschätzender Aspekt ist der gemeinsame und auch individuelle Gedanken- und Erfahrungsaustausch, welchen eine Online-Veranstaltung niemals ersetzen kann. Durch diese ganzen Erlebnisse und meine persönliche Einstellung „angefixt“, habe ich mich zur Umsetzung des Projektes „Artenvielfalt erleben“ innerhalb unserer Anlage entschlossen. Nach Rücksprache mit dem Vorstand und der Zustimmung des Landratsamtes zur Umnutzung der seit Jahren unverpachteten Parzelle, wurde ein diesbezüglicher Pflegevertrag für 3 Jahre abgeschlossen.
Insekten und Artenvielfalt erleben im KGV "Früh Auf"
Kaum war das eine geschafft, standen schon die nächsten Hürden vor der Tür. Die Finanzen und der bisher weit unterschätzte Teil der Öffentlichkeitsarbeit. An dieser Stelle wird einem ganz allmählich bewusst, wie man durch Bürokratie und “Problemdigitalisierung” ausgebremst wird, wenn man es zulässt. Dieser nicht zu unterschätzende Teil ist nur mit einem entschlossenen Willen, dem Drang etwas dazuzulernen und einer großen Portion an Ausdauer zu bewältigen. Die Bürokratie wurde in Angriff genommen und es ging an die Arbeit. Ein grobes Konzept musste her. Materialbeschaffung und Pflanzzeiten waren zu beachten und auch die Möglichkeiten, Zusatzmaterial zu ergattern mussten umgehend genutzt werden. So entstand ganz nebenbei ein “gewisser Zeitdruck”. Die Pachtfläche birgt einige Besonderheiten in sich. So gibt es z.B. aufgrund der jahrelangen Nichtverpachtung einen starken Befall mit Nagern, welchen in der Vergangenheit schon einige Neuanpflanzungen zum Opfer gefallen sind.
Um diesen Schäden vorzubeugen und eine ungewollte Ausbreitung durch Wurzelausläufer zu verhindern, wurde aus großen Maurergefäßen der Boden herausgeschnitten und mit Drahtgeflecht versehen. In diesen Behältnissen erfolgte dann die Neuanpflanzung. Die Abdeckung mit Rindenmulch oder Hackschnitzel wirkt wie eine Verdunstungssperre. Da eine Neuanpflanzung nur zu bestimmten Vegetationszeiten sinnvoll und erfolgversprechend ist, konnte nur ein Teil der geplanten Sträucher und Stauden angepflanzt werden. Um Insekten eine gezielte Rundumversorgung an Blüh- und Futterpflanzen zur Verfügung zu stellen, bedarf es noch einer gezielten Auswahl, vor allem an heimischen Pflanzenmaterial.

Harald Baber in seinem Kleingarten in Selben bei Delitzsch.
Projektstart mit Hindernissen
Die Entwicklung der vorhandenen Gräser schreitet “naturgemäß” üppig voran. Dieser Umstand “beflügelt” inzwischen einige Zeitgenossen dazu, ihr Unverständnis über diesen Zustand zum Ausdruck zu bringen. Solche Feststellungen kommen in der Regel von chronischen “Feinrasenmähern” mit dem Millimeterblick, die keine Blüte über der “maximalen Obergrenze” dulden und auch nie erblicken werden. Es ist schon erstaunlich und eigentlich auch beängstigend wie schnell sich manche Menschen, wenn sie nicht gerade auf einem nach DIN abgesandeten Spielplatz groß geworden sind, ihre natürlichen Lebensumstände vergessen.
Das größte Glück für uns als Kinder war doch unbekümmert durch das hohe Gras auf den Wiesen zu rennen und zu versuchen, die Schmetterlinge zu fangen. Einst natürlich, jetzt unansehnlich und anstößig? Die natürlichen Lebensräume so ganz nebenbei zu zerstören war offensichtlich „ganz normal“ und Geld spielte offensichtlich gar keine Rolle. Wir können diese Fehlentwicklung niemals wieder revidieren, aber wenn man auch nur im Kleinen wenigstens eine Art Schadensbegrenzung anstößt und dann ungeahnt und ungewollt mit solchen Erscheinungen konfrontiert wird, hilft nur ein eiserner Wille, Mut und ein dickes Fell.
Mit diesen Eigenschaften geht es ans Werk. Demnächst “Neues von der Wiese”.
Harald Baber, KGV “Früh Auf” in Selben
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