Projekt Artenvielfalt: Neues von der Wiese in Selben

Im Kleingartenverein “Früh Auf” in Selben verfolgt Fachberater Harald Baber seit einiger Zeit ein Projekt zur Artenvielfalt. Nachdem Herr Baber vor wenigen Wochen vom Start des Projekts “Artenvielfalt erleben” auf einer Wiese im Verein berichtet hat, gibt es hier regelmäßige Updates zum Werdegang der Grünfläche vom ungenutzten Brachland zu einer insektenfreundlichen Blühwiese.
Projekt Artenvielfalt: Update von der Wiese
Der Sommer zieht durch die Gärten und nähert sich allmählich seinem Ende. Die Obstbäume stöhnen unter der Last der selten erlebten Fülle an Früchten. Auch die Obstbäumchen unserer kleinen „Streuobstwiese“ schleppen die Fülle ihrer Früchte. Besonders der kleinwüchsige Birnenbaum hat mit seinen 9 mittelgroßen Früchten eine Hochleistung erbracht. Rings um unsere Anlage, und natürlich auch mittendrin, entwickelt sich ein sehr breitgefächertes Tierleben. In der Nachbarschaft hat ein Storchenpaar 2 Jungtiere aufgezogen. Die ganze Storchenfamilie fühlt sich sehr wohl in unserer Anlage, denn sie fanden hier reichlich Baumaterial für ihren Nestbau, Futter für die Jungtiere und einen Flugübungsplatz auf den nicht gern gesehenen hohen Bäumen einiger Gärten.
Auch Eidechsen, Frösche und sogar ein „Touristeninsekt“ (Gottesanbeterin) haben hier ein Refugium für sich entdeckt. Auf Goldrute, Hasenklee, Sonnenhut und verschiedenen anderen Gräsern tummeln sich die kleinen Vertreter der Schmetterlingsfamilien. Erstaunlicherweise ist trotz des reichhaltigen Angebotes an Fallobst, besonders unter den Pflaumenbäumen, der sonst übliche Ansturm von Admiral und Tagpfauenauge bisher ausgeblieben. Dafür habe ich bei der ersten Blüte des Lavendels einen sehr großen Andrang, nicht von den sonst üblichen Kohlweißlingen, sondern von Schachbrettfaltern festgestellt. Diesbezüglich ist mir später ein unverhoffter Schnappschuss gelungen. Auch wenn meine Kamera nicht diese magische Anziehungskraft wie die von Herrn Brumm hat, konnte ich zur gleichen Zeit vier Schachbrettfalter auf den vier Blüten einer Flockenblume erfassen.
Projekte zur Artenvielfalt wichtig
Die schon im letzten Beitrag erwähnte Öffentlichkeitsarbeit hat Fortschritte gemacht und wird auch wahrgenommen. Aus den von iNUVERSUMM und NABU zur Verfügung gestellten PDF hat uns eine ortsansässige Druckerei sehr schöne, wetterfeste Plakate gefertigt. Wir hoffen, dass dies bei dem bevorstehenden „Tag der offenen Gartentür“ Wirkung zeigt und zum Dialog anregt.
Eine Vielzahl von Blühpflanzen und Gräsern haben, genau wie wir, ihr Bestes gegeben, um einen kleinen und doch wichtigen Beitrag zur Erhaltung der Artenvielfalt zu leisten. Auch wenn das Projekt iNUVERSUMM am Auslaufen ist, hoffen wir auf eine qualitativ ebenbürtige, in welcher Form auch immer gestaltete Fortsetzung. Der Bedarf an Wissen und praktikablen Umsetzungsmethoden ist ungebrochen und dringend notwendig. Die Aufforderung zum Dialog und Erfahrungsaustausch für die praktische Umsetzung sind ein wesentlicher Inhalt dieser Artikel. Wir brauchen eine fundamentierte und zuverlässige Zusammenarbeit mit den Entscheidungsträgern, die die Notwendigkeit erkennen und zuverlässige Aussagen über Nutzungs- oder Umnutzungsmöglichkeiten entsprechend den Erfordernissen der heutigen Zeit treffen. Es liegen viele Aufgaben vor uns, die wir nicht länger vor uns herschieben dürfen, denn außer uns selbst wird sie niemand lösen.
Der Sommer geht in den Endspurt und mit dem Herbst, der hoffentlich wettertechnisch noch recht schön wird, wachsen die neuen Aufgaben. Pläne für die Erweiterung der Anpflanzung, Umgestaltung von Nutzflächen, Ergänzung von Nisthilfen und so weiter spuken schon in den Köpfen herum. Die Erkenntnisse aus der bisherigen Arbeit müssen ausgewertet und erfasst werden. Vielleicht kommen auch ein paar Anregungen von außen hinzu und bereichern damit die Umsetzung.
Bis zum nächsten Mal bei „Neues von der Wiese“.

Projekt Artenvielfalt: 1. Update von der Wiese
Die Entwicklung der Pflanzenwelt auf der Pachtfläche nahm ihren naturgemäßen Lauf. Ich bin sehr dankbar über den Hinweis eines Teilnehmers am Workshop, dass man doch erst einmal die Entwicklung der Pflanzenwelt über einen gewissen Zeitraum ungestört lassen sollte, um daraus weitere Erkenntnisse zu ziehen. Dieser Grundsatz ist eine wichtige Voraussetzung für die Fortsetzung eines solchen Projektes. Wenn man dann die Entwicklung einer so vielfältigen Pflanzenwelt betrachtet, wird einem erst einmal klar, was in den vergangenen Jahren alles zerstört wurde.
Die über Jahre hinweg zufällig eingetragenen Samen haben sicherlich ihr Übriges dazu beitragen. Es ist beeindruckend und in gewisser Weise faszinierend, wie sich eine eigentlich heimische Pflanzenwelt ihr Refugium zurückerobert. Man wird sicherlich niemals die gesamte Bandbreite an für Insekten notwendigen und überlebenswichtigen Pflanzen ansiedeln können. Aber gerade diese Einsicht erscheint mir eine Grundvoraussetzung für das Gelingen und das Dran bleiben an solchen Projekten zu sein.
Blühwiese in Selben entwickelt sich
Diesbezüglich könnte man zu dem Resümee gelangen: „Allen Insekten recht getan, ist eine Kunst, die der Mensch niemals kann“. Deshalb sollte man die eigene Erwartungshaltung immer in Grenzen halten. Denn nur weil man bestimmte Pflanzen angesiedelt hat, werden sich nicht sofort oder automatisch die darauf spezialisierten Schmetterlinge und andere Insekten einstellen. Gerade die Spezialisierung der Insekten bezüglich ihrer Nahrungsquellen und Larvenentwicklung stellt eine sehr große Herausforderung dar.
Die Zeit schritt voran, und es war eine sehr unterschiedliche Vegetation zu beobachten. Neben einer sich sehr stark entwickelnden Grasfläche gab es Flächen, die übersät waren mit Margeriten oder rotem Mohn. Nach dem Verblühen der Margeriten setzten sich allerdings auch dort die Gräser durch. In den übrigen Flächen dominierten die schwächer wachsenden Gräser und Blühpflanzen. Bei dem Versuch, diesen üppigen Wuchs per „Flora Incognita“ zu erfassen, war man schnell bei über 20 Exemplaren angekommen. Bei den Insekten hielt es sich, wie nicht anders zu erwarten, in Grenzen. Hierbei stellten allerdings die Feinheit und die Unauffälligkeit das Besondere dar. Wer hat schon bei dem Erscheinen großer, oft gesehener Schmetterlinge solchen Winzlingen wie Sechsflecken-Widderich, Bläuling, Trauer-Rosenkäfer, Braunbinden-Wellenstriemenspanner oder Malveneule Beachtung geschenkt.

Erste Mahd zeigt Potenzial der Grünfläche
Die Grasflächen entwickelten sich, wie schon erwähnt, prächtig und musste nun mit dem ersten Schnitt weichen, um Platz für den neuen Austrieb zu schaffen. Das war allerdings leichter gesagt als getan, denn die Wuchshöhe und Dichte sowie die rudimentären Fähigkeiten im Umgang mit der Sense, machten daraus einen Kraftakt. Das Mähen war das Eine aber wohin mit dem Mahdgut nach der notwendigen Ablagerung? Glücklicherweise hat sich eine Dorfgemeinschaft erhalten, deren selbstverständliche und anerzogene Hilfsbereitschaft bis in die heutige Zeit unbeschadet funktioniert.
Dieser Umstand machte es möglich, den überwiegenden Teil als Heu seiner ursprünglichen Bestimmung zuzuführen. Im Schwerpunktbereich Öffentlichkeitsarbeit sind mittlerweile auch Fortschritte zu vermelden. Leider sind die als üppig prognostizierten Quellen diesbezüglich am Versiegen und es mussten neue akquiriert werden. In diesem Zusammenhang möchten wir uns ausdrücklich beim LSK für die Bewilligung der beantragten Fördermittel bedanken. Es ist schon ernüchternd, aber für diese Zeit nicht ungewöhnlich, mitzuerleben, wie schnell Enthusiasmus ins Schlingern gerät. Auch wenn bürokratisch begleitet.
Insektenfreundliche Blühwiese im Verein "Früh Auf"
Wir hoffen natürlich, dass diese Unterstützung keine Eintagsfliege ist. Zum Beispiel nur, um sich ein Bienchen ans Revers heften zu können. Uns ist bewusst, dass wir dafür auch etwas Vorzeigbares nicht nur Erschaffen, sondern auch erhalten müssen und dass ein überlegter und sorgsamer Umgang Voraussetzung ist. Wir hoffen ganz stark, dass wir nicht mit unserem Bemühen dem, in dieser Zeit zu oft verkündeten, „Projekttod“ zum Opfer fallen. Da unser Ziel ja der Erkenntnisgewinnung und dessen Weitergabe sind, würde ein solches Ende keinerlei positive Auswirkungen auf die persönliche Einstellung in Bezug auf die gesellschaftliche Entwicklung bewirken.
Bis zum nächsten Mal bei „Neues von der Wiese“
Teil Eins des Berichts mit Herrn Babers Gedanken zum Projekt und den ersten Informationen zum Start gibt es hier.
Text & Fotos: Harald Baber, KGV “Früh Auf” in Selben
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